Sprichst du gern über deine Kunst?
Natürlich sollte in erster Linie das Bild für sich sprechen. Ich gebe durch meine Arbeit dem Werk seinen Inhalt und seinen Ausdruck. Im Laufe der Jahre habe ich aber gelernt, meine Gedanken und Gefühle, die ich in diesem Bild verarbeitet habe, in Worte zu fassen und den Betrachter des Bildes als Wegweiser durch das Werk zu führen. Ich spreche also nicht über meine Kunst, sondern leite den Betrachter durch das Bild. Ich setze Akzente, gebe Hinweise und mache aufmerksam.
Wann ist dir bewusst geworden, dass du Künstler bist – und wie kam das?
Als Kind habe ich mich spielerisch und kindgerecht mit Malen beschäftigt. Mir wurde sehr schnell klar, dass dies meine Ausdrucksart ist. Meine Fantasie und Kreativität wurden im Elternhaus und in der Schule gefördert, durch Malerei, Schauspiel, Tanz etc. Als die Entscheidung zum Kunststudium anstand, legte mein Vater sein Veto ein. Da beschäftigte ich mich zum ersten Mal mit dem Begriff „Künstler“ und was es heißt, ein Künstler zu sein und als solcher seinen Lebensweg zu gehen.
Ich erlernte einen vernünftigen Beruf und wurde Kaufmann. Auf dem Umweg des Designstudiums kam ich wieder zur Malerei. Meine Kreativität lebte ich in den unterschiedlichsten Gebieten aus. Ich arbeitete in der Modebranche, moderierte und choreografierte Modeshows und malte. Malerei ist in den Jahren immer stärker zu meinem kreativen Ausdrucksmittel geworden. Malen ist ein Teil von mir.
Wie nennst du deinen heutigen Stil?
In meinen Arbeiten steht die gegenstandslose Malerei in einer expressiven abstrakten Bildsprache im Vordergrund.
Wie hat sich deine Kunst entwickelt?
Während des Studiums wurden die zeichnerischen Grundlagen gelegt. Mir wurde das Handwerkzeug beigebracht. Im Laufe der Jahre befreite ich mich immer mehr, öffnete mich, wurde mutiger und experimentierfreudiger. Ich entwickelte langsam meinen Stil vom Gegenständlichen zur gegenstandslosen Malerei. Heute arbeite ich mit den unterschiedlichsten Materialien. In meinen Bildern findet man neben Acryl- und Ölfarben, Tusche, Gouache, Kohle, Kreide, Folien, Sand, Buntstifte aber auch Schellack, Bitumen und Aschen.
Meine Arbeiten leben heute in erster Linie durch Kraft und Ausdruck von Farbe und deren Oberflächengestaltung, die im Zusammenspiel mit der Farbe Energie und Bewegung vermittelt
Welches sind heute die wichtigsten Motive und Themen deiner Kunst?
Durch den großen Einfluss von Emil Schumacher, den ich sehr verehre, ist die Linie eines meiner wichtigsten Motive. Sie signalisiert für mich Anfang und Ende, mit vielen Unterbrechungen. Thematisch befasse ich mich in meiner Arbeit immer mit dem Menschen. Seiner Toleranz gegenüber der Natur, seinen Mitmenschen, dem Verstehen fremder Kulturen und dem Akzeptieren jedes Individuums.
Diese Punkte finden sich immer in meinen Serien und Projekten wieder. Seit Jahren arbeite ich an den Serien „Der lange Weg zur Freiheit“, in der es um die Gedanken und Taten von Nelson Mandela geht, „Grenzen“, über die eigene Familienerfahrung während und nach dem 2.Weltkrieg, und „Meer, ich wollte dich beschreiben“ – zu dieser Serie wurde und werde ich angeregt durch Texte von Otto Lenk und Engelbert Schinkel.
An welchem Ort, in welcher Umgebung malst du?
Ich male ausschließlich in meinem Atelier in der Alten Lederfabrik in Halle/Westfalen. In dieser Umgebung, inspiriert durch die alten Mauern dieser ehemaligen Fabrik, fließt eine Menge Kreativität. Sie wird noch verstärkt durch die Ansammlung verschiedenster Kunstschaffender unterschiedlichster Richtungen, so dass ein kreativer Austausch stattfindet. Für mich eine ideale Situation.
Wie bereitest du dich auf die Arbeit an einem neuen Kunstwerk vor?
Über mich wurde geschrieben, ich zitiere: „… gemeint ist das lange Durchdenken einer Arbeit, die sich oft an alltäglichen Dingen festmacht …“ Ich versuche immer offenen Auges durch mein Leben zu gehen und offen meinen Mitmenschen zu begegnen. So fliegen mir viele Themen einfach zu. Ich brauche sie nur aufzunehmen wie z.B. ein Zeitungsbericht über eine Lehrerin zum Thema „Toleranz“. Ich lese den Text, das Bild entsteht in meinem Kopf, wird verarbeitet und die Hand führt es aus.
Meistens lasse ich mich von Texten inspirieren die oft die Grundlage meiner Bilder sind. Oft sind diese Texte übermalt, manchmal sind noch Fragmente sichtbar. Die Inhalte dieser Texte geben aber dem Bild die Grundlage. Das Wort ist da, auch wenn das Auge es nicht sieht, der Betrachter fühlt die Energie.
Die Motive deiner Reihe „es hat dich immer schon gegeben“ sind mit bemalter Verpackungsfolie überzogen. Bitte beschreibe einmal den Entstehungsprozess dieser Werke.
Meine technische Vorgehensweise beim Malen ist immer die Schichtung verschiedenster Materialien und Malvorgänge. Beim Experimentieren kam mir die Idee, Verpackungsfolie auf den bemalten Untergrund – Leinwand oder Holz – zu spannen. Damit die untere, bemalte Schicht sichtbar bleibt, brenne ich mit einem Heißluftfön Löcher in diese Folie, bemale sie an Stellen die ich für wichtig erachte und entscheide dann, wie viele Lagen ich benötige, um schlussendlich das Bild fertig zu stellen.
„Seine Werke haben immer eine Geschichte“ steht über dich auf deiner Website. Magst du uns die Geschichte zur Reihe „es hat dich immer schon gegeben“ verraten?
Jetzt wird es privat. Meine Frau überzeugte mich, sie auf ein Konzert von Andreas Burani zu begleiten. Ich war begeistert, nicht nur wegen der Musik sondern vor allem wegen der Texte die seine Songs prägen. Es hat Dich immer schon ergeben ist eine verkürzte Textzeile aus einem seiner Lieder und eine Liebeserklärung nach 37 Jahren Ehe an meine Frau.
Welche Einflüsse und Inspirationsquellen sind für deine Kunst existenziell?
Wichtig für mich als Inspirationsquelle, ist die Kommunikation, das Wort. Aus diesem schöpfe ich meine Ideen und das Wort leitet mich auch durch das Bild. Manchmal steht es sichtbar vor mir auf der Leinwand, manchmal in meinem Kopf. Das Wort macht sich selbstständig, bildet Sätze, erzählt mir eine Geschichte und ich führe nur noch aus. Bewusst wurde mir die Stärke des Wortes zum ersten Mal, als ich Texte von Bernhard von Clairvaux – Abt des Zisterzienserklosters Clairvaux – las, die dieser 1115 an seine Mitbrüder schrieb. Ich empfand diese Texte so modern, so zeitgemäß, dass ich sie in einer meditativen Bilderreihe verarbeitete.
Hast du eine Lieblingstechnik?
Wie schon erwähnt, ich experimentiere sehr gerne. Auch mit verschiedensten Maltechniken die ich in meinen Workshops lehre. Meine Lieblingstechnik ist aber die expressive Schichtung verschiedenster Materialien und Farben die ich auf der Leinwand mische.
Fällt es dir leicht, ein Kunstwerk loszulassen?
Ich bin der „Geburtshelfer“ und bestimme den Zeitpunkt der Geburt. Wenn ich meine Signatur gesetzt habe ist der Zeitpunkt gekommen. Ich habe die Nabelschnur durchtrennt und das Bild muss jetzt allein leben. Ab diesem Zeitpunkt habe ich mich gelöst und kann mein Werk auch ganz neutral betrachten.
Was bewirkt deine Kunst? Für dich, für andere?
Ich kann nur für mich sprechen. Ich weiß nicht was meine Bilder für andere bewirken, natürlich hoffe ich auf positive Gefühle. Für mich ist meine Kunst eine sehr, sehr große Bereicherung meines Lebens. Sie erfüllt mich manchmal so stark, dass sie sehr viel Platz in meinem Leben einnimmt. Manchmal zu viel. Meine Kunst oder die Beschäftigung mit meiner Kunst ist allgegenwärtig, ich nehme etwas auf, speichere es ab und analysiere das Aufgenommene danach, ob ich es in einem Bild verarbeiten kann. Manche Eindrücke schlummern Jahre in mir, bis sie in einem Bild verarbeitet werden. Kunst kann zur Sucht werden, ich bin gerne kunstsüchtig!
An welchem Ort sollte ein Kunstwerk von dir hängen?
Jeder Kunstschaffende träumt natürlich vom ganz großen Auftritt. Ich wünsche mir, dass meine Bilder einen guten Mittelpunkt in einem Raum finden wo sie ihre Stärke und Energien voll zur Entfaltung bringen können. Idealerweise sollten Sie ihren Platz nicht nur mit einer Generation teilen sondern weitergegeben, vererbt werden. Dann bleibt auch ein kleines Stück von mir.
Welches war dein bisher schönstes Erlebnis mit deiner Kunst?
In den Anfängen meiner ersten Ausstellung in Salzgitter hängte ich ein Bild auf eine noch vorhandene freie Fläche. Es war ein kleines Format und hatte für mich nicht d i e Bedeutung. Es war schnell runter gemalt, ohne Titel, ohne Herzblut, einfach ein Bild aus dem Bauch heraus entstanden.
Zur Vernissage sollte eine Journalistin der Zeitung kommen und ein Bericht schreiben. Leider sagte sie zwei Stunden vor dem Termin ab. Große Enttäuschung meinerseits, sie wollte einen Tag später die Ausstellung ohne mich besuchen und ihren Bericht schreiben. Einige Tage später erhielt ich durch meinen Vater die Zeitung zugesandt und schlug die Seite im Feuilleton auf. Eine riesige Headline mit dem Satz „Schwarz-rot-gold nähert sich“ prangte mir entgegen und eine halbe Seite Bericht über mein kleines unbedeutendes Bild war das Ergebnis.
Ich war stolz wie Oskar und mein kleines Bild bekam eine immense Bedeutung und eine ganz große Wertschätzung für mich. Es befindet sich immer noch in meinem Besitz und mahnt mich jeden Tag, die kleinen unbedeutenden Dinge genauso aufmerksam zu beachten wie die angeblich großen, wichtigen Sachen.
Was tust du, wenn du nicht malst?
Da bleibt nicht mehr viel Zeit. In dieser kurzen Restzeit mache ich Sport, Modern Dance, fahre in den Urlaub, um neue Eindrücke zu bekommen, treffe Freunde zum Essen und genieße.